Das Einheitsdenkmal in Yaounde (Kamerun), eine Wahlurne und eine Flagge Kameruns
Land steht vor zahlreichen Problemen

Präsidentenwahl in Kamerun – Wenn der Sieger schon vorher feststeht

Bonn/Yaoundé  ‐ Er ist so gut wie nie zu sehen und wird dennoch am Sonntag erneut zum Präsidenten gewählt werden: Paul Biya in Kamerun. Sein Machtapparat hat dafür gesorgt, dass die Opposition zersplittert und zahnlos geworden ist.

Erstellt: 11.10.2025
Aktualisiert: 09.10.2025
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Von Katrin Gänsler (KNA)

Am liebsten im Schweizer Luxushotel. Dort soll sich Kameruns Präsident Paul Biya vorwiegend aufhalten. Schon 2018 rechnete die Journalistenorganisation Organized Crime and Corruption Reporting Project vor, dass Biya, seit 1982 Präsident im zentralafrikanischen Kamerun, zwischen 1982 und 2018 mindestens 1.645 Tage und somit viereinhalb Jahre privat im Ausland verbrachte; und offenbar vorwiegend im Genfer Hotel Intercontinental mit Blick auf den Mont Blanc.

Auch vor der Präsidentenwahl am Sonntag (12. Oktober) ist er nur auf riesengroßen Plakaten zu sehen. Am 1. Oktober veröffentlichte das Präsidentenamt ein paar Fotos unter der Überschrift „Präsident Paul Biya ist zurück in Kamerun“; so als ob die Abwesenheit eines Präsidenten und Kandidaten im Wahlkampf selbstverständlich wäre. Allerdings: Die Arbeit macht ohnehin seine Partei, Rassemblement Démocratique du Peuple Camerounais (RDPC), für ihn.

Zu befürchten hat der 92-Jährige, der seit dem Tod von Königin Elizabeth II. ältestes Staatsoberhaupt der Welt ist, ohnehin nichts. Zwar bestätigte die Wahlkommission (Elecam) Ende Juli zwölf weitere Kandidaten und somit mehr als im Jahr 2018. Landesweit bekannt sind aber die wenigsten.

Einen Namen hat der frühere Regierungssprecher Issa Tchiroma (76), der noch bis Juni 2025 zumindest offiziell als Vertrauter Biyas galt. Biya würde, sagte sein Herausforderer kürzlich dem Nachrichtenportal africanews.com, seiner Verantwortung nicht mehr nachkommen. Nicht völlig unbekannt ist auch Bello Bouba Maigari, der in den 1980er Jahren Ministerpräsident und dann Minister war.

Die höhere Anzahl Kandidaten ist allerdings kein Ausdruck von mehr Demokratie, sondern zeigt, wie zersplittert die Opposition ist, ein weiteres Plus für Biya. Dazu trug auch bei, dass Elecam die Kandidatur von Maurice Kamto ablehnte. Dieser lag 2018 noch hinter Biya auf Platz zwei, zweifelte das offizielle Ergebnis an und ging wegen des Vorwurfs der Aufruhr neun Monate lang ins Gefängnis. Ilaria Allegrozzi, Afrika-Expertin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, bezeichnete Kamto im Juli als beliebtesten Gegenkandidaten. Der Ausschluss werfe schon vor der Wahl einen Schatten auf das spätere Ergebnis.

Undurchsichtiges System

Doch auch so bleibt Biya extrem mächtig. „Die Regierungspartei hat das Land absolut in der Hand und seit über 40 Jahren Herrschaftsstrukturen etabliert“, sagt Christian Klatt, Landesdirektor der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stifung in Yaoundé, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Auch profitiere die RDPC von dem Wahlsystem, in dem der Bewerber mit den meisten Stimmen im ersten Wahlgang gewinnt. „Das System ist darauf ausgerichtet, dass die Regierungspartei immer besser dasteht.“

Wie sehr Biya noch selbst die Zügel in der Hand hält, darüber wird viel spekuliert. Im vergangenen Jahr wurde Berichterstattung über Biyas Gesundheitszustand untersagt. Verlässliche Aussagen lassen sich nicht treffen. Das System gilt als extrem geschlossen und undurchsichtig.

Dabei hat Kamerun zahlreiche Krisen zu bewältigen. Nach Einschätzung des Norwegischen Flüchtlingsrats spielt sich im Land die größte vernachlässigte Vertreibungskrise weltweit ab. Laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen gibt es mehr als zwei Millionen Binnenvertriebene.

Hauptursache ist die Krise im Südwesten des Landes, wo die Mehrheit Englisch spricht, ein historisches Überbleibsel aus der Kolonialzeit. Kamerun, von 1884 bis 1916 deutsche Kolonie, wurde nach dem Ersten Weltkrieg vom Völkerbund an die Siegermächte Frankreich und Großbritannien übergeben. Während das frankophone Kamerun 1960 unabhängig wurde, entschied sich der britische Teil ein Jahr später gegen die Angliederung an Nigeria, sondern an Kamerun. Doch die beiden Landesteile wuchsen nie zusammen, bis Proteste gegen die französische Dominanz 2016 eskalierten. Separatisten fordern seitdem ein unabhängiges Ambazonien.

Im Norden verübt die islamistische aus Nigeria stammende Terrorgruppe Boko Haram hingegen immer wieder Anschläge. Landesweit lebt laut Weltbank fast jeder Vierte (23 Prozent) unterhalb der Armutsgrenze und hat statistisch gesehen weniger als 2,15 US-Dollar pro Tag zur Verfügung. Schlecht bestellt ist es auch um Meinungs- und Pressefreiheit. Im Januar 2023 wurde der Journalist Martinez Zogo ermordet, der zu Korruption recherchiert hatte.

Kamerun hat eine Bevölkerung von knapp 31 Millionen Menschen. In die Wählerlisten eintragen lassen haben sich gut 7,8 Millionen. Laut Verfassung muss das Ergebnis der Präsidentenwahl innerhalb von 15 Tagen bekannt gegeben werden.

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