Nachrichten aus der Weltkirche
Israelische Armee: Granatenfragmente haben „versehentlich die Kirche getroffen“

Zahl der Toten im Gemeindezentrum von Gaza-Stadt steigt auf 3

Gaza-Stadt/Jerusalem  ‐ Nach dem Angriff auf die einzige katholische Kirche in Gaza-Stadt ist ein dritter Mensch seinen Verletzungen erlegen. Kirchenvertreter fordern ein Ende des Kriegs und den Schutz von Zivilisten und heiligen Stätten.

Erstellt: 18.07.2025
Aktualisiert: 18.07.2025
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Nach einem Angriff auf die einzige katholische Kirche in Gaza-Stadt ist ein weiterer Mensch ist seinen Verletzungen erlegen. Bei dem dritten Opfer handelt es sich um eine etwa 70-jährige Frau, bestätigte Caritas Jerusalem am Donnerstag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Zum Zeitpunkt des Angriffs habe sie in einem Caritas-Zelt auf dem Pfarreigelände psychosoziale Unterstützung gesucht.

Zuvor waren der Tod des 60-jährigen Hausmeisters der Pfarrei sowie einer 84-Jährigen bestätigt worden, die sich ebenfalls in dem Caritas-Zelt aufgehalten hat. Alle drei starben nach Kirchenangaben an ihren schweren Verletzungen. Von neun weiteren Verletzten befinden sich demnach einer in kritischem und zwei weitere in ernstem Zustand. Der Pfarrer der Gemeinde, der argentinische Ordensmann Gabriel Romanelli, erlitt leichte Verletzungen. In der Pfarrei leben derzeit den Angaben zufolge rund 500 Binnenflüchtlinge.

Der Angriff der israelischen Armee ereignete sich nach Angaben des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem am Donnerstagmorgen gegen 10.20 Uhr. Dabei traf eine Granate die Kirche und richtete großen Schaden an. In einer Stellungnahme verurteilte das Patriarchat den „Angriff auf unschuldige Zivilisten und einen heiligen Ort aufs Schärfste“. Sie forderten die Verantwortlichen auf, sich für ein Ende des Kriegs einzusetzen. Die Tragödie in der katholischen Kirche von Gaza-Stadt sei „nicht größer oder schrecklicher als die vielen anderen, die Gaza heimgesucht haben“. Vielmehr seien „Tod, Leid und Zerstörung“ allgegenwärtig im Gazastreifen.

Patriarchen besuchen Gaza

In Reaktion auf den tödlichen Granateneinschlag reiste der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, gemeinsam mit seinem griechisch-orthodoxer Amtsbruder, Patriarch Theophilos III. und einer kirchlichen Delegation in den Gazastreifen. Vor Ort wolle man einheimischen Christen treffen und sich persönlich ein Bild der humanitären und pastoralen Bedürfnisse der Gemeinde machen, heißt es in einer Mitteilung von Freitagmorgen.

Der Besuch sei Ausdruck der „gemeinsamen pastoralen Sorge der Kirchen des Heiligen Landes und ihrer Besorgnis um die Gemeinde in Gaza“. Israel habe für die Dauer des Besuchs ein Aussetzen der Militäroperationen in dem Gebiet der Pfarrei garantiert.

Darüber hinaus habe das Lateinische Patriarchat die Evakuierung der bei dem Angriff Verletzten sichergestellt. Sie sollen außerhalb des Gazastreifens medizinische Versorgung erhalten. Sichergestellt wurde laut Mitteilung auch eine Hilfslieferung mit hunderten Tonnen Lebensmittel, medizinischer Ausrüstung und Erste-Hilfe-Sets. Die Lieferung solle neben den Christen möglichst vielen Familien zugutekommen.

Der Kirchendelegation gehörten neben den beiden Patriarchaten auch der Kanzler des Lateinischen Patriarchats, der Sekretär der Apostolischen Delegation des Heiligen Stuhls in Jerusalem und der Sekretär Heilig-Land-Bischofskonferenz an.

Sternsinger und Missio: Bruch internationalen Rechts

Die „Sternsinger“ und Missio Aachen forderten nach dem Angriff auf das Gotteshaus eine „eindeutige und spürbare Reaktion der Bundesregierung“. Schutzsuchende in einer Kirche anzugreifen, stelle einen „eklatanten Bruch internationalen Rechts“ dar und sei nicht zu rechtfertigen. Der Präsident der beiden Hilfswerke Dirk Bingener bezeichnete den Vorfall als einen „weiteren Tiefpunkt im Handeln der israelischen Regierung“. Beide Hilfswerke stehen im Kontakt zu ihren Partnerorganisationen im Gaza-Streifen.

Auch Papst Leo XIV. äußerte tiefe Trauer über die Opfer. In einem am Donnerstag vom Vatikan veröffentlichten Telegramm rief er zum sofortigen Waffenstillstand auf und versicherte den Gläubigen in Gaza seine geistliche Nähe.

Betroffenheit äußerten auch die Italienische Bischofskonferenz sowie der Vorsitzende der Bischofskonferenz von England und Wales, der britische Kardinal Vincent Nichols. „Zwanzig Monate lang war die Kirche der Heiligen Familie ein Ort der Zuflucht und der spirituellen Unterstützung inmitten der Schrecken des Krieges und versorgte Hunderte von Menschen mit Nahrung und Schutz“, so Nichols, der der Gemeinde und den in ihr schutzsuchenden Christen und Muslimen seine Solidarität angesichts des „entsetzlichen Angriffs“ aussprach.

Israels Armee spricht von Unfall

Nach Angaben der israelischen Armee handelte es sich bei dem Granaten-Einschlag um ein Unfall. Eine erste Untersuchung deute darauf hin, dass Fragmente einer Granate „versehentlich die Kirche getroffen haben“, so die Armee am Donnerstagabend. Bei dem Einschlag waren mindestens drei Menschen getötet und neun weitere verletzt worden, einige von ihnen schwer.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu äußerte laut Mitteilung seines Büros am Donnerstagabend sein Bedauern, dass die Kirche von Streumunition getroffen worden sei. Jeder Verlust eines unschuldigen Menschenlebens sei eine Tragödie. Nach israelischen Medienberichten erfolgte die Reaktion Netanjahus nach massivem Druck durch den US-Präsidenten Donald Trump.

Von KNA/KMW

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