
Debütroman aus der Elfenbeinküste – Gemeinsam für die Zukunft kämpfen
Bonn ‐ Unterschiedliche Familien, aber ein Ziel: Zwei junge Männer in der Elfenbeinküste möchte ihre Träume verwirklichen und ein besseres Leben. Darüber hat Nincemon Fallé – erst 23 Jahre alt – seinen ersten Roman geschrieben.
Aktualisiert: 01.08.2025
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Mit diesen beiden jungen Männern möchte man nicht tauschen: Tag für Tag stehen Iro und Thierry an der Rue Adjamé Liberté, einer der großen Einfahrtsstraßen in Abidjan, Wirtschaftsmetropole der westafrikanischen Elfenbeinküste. Das Klischee der brennenden Sonne ist Wirklichkeit, die Luftfeuchtigkeit so hoch wie in einer Waschküche und potenzielle Kunden haben so gar keine Lust, die geforderten Preise für dünne und ausgeblichene Hemden und T-Shirts zu zahlen. Doch die jungen Verkäufer sind darauf angewiesen. In Abgaswolken versuchen sie, irgendwie ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Auf finanzielle Unterstützung von seiner Familie kann Iro nicht hoffen: auf dem Dorf aufgewachsen bei einem Vater, der als Nichtsnutz gilt, kam er mit leeren Händen vom Studium in Abidjan zurück; die Mutter früh gestorben, der ältere Bruder offenbar auf dem Weg nach Europa verschollen. In der überwältigen Metropole Abidjan muss er sich durchbeißen, will er doch sein Studium der Literaturwissenschaften an der traditionsreichen Universität Félix Houphouët-Boigny durchziehen.
Am Ende der Hierarchie überleben
Früh lernt er dabei seinen Kommilitonen Thierry kennen, der ihn in seinem Wohnheimzimmer schlafen lässt und ihm zeigt, wie man als fliegender Händler weit unten in der Hierarchie anfängt und überlebt. Dabei hätte Thierry Junior – sein zweiter Name – die Wahl gehabt. In einer Villa in Abidjan und in teuren Privatschulen aufgewachsen hätte er ein scheinbar bequemes Leben führen können, gäbe es nicht seinen herrschsüchtigen und brutalen Vater und seine Mutter, die sich weder um ihn noch um seinen jüngeren Bruder kümmert. Irgendwann reicht es Thierry: Nach der Schule steigt er nicht mehr in das Auto mit Fahrer. Er haut ab, gerät auf die schiefe Bahn und fängt sich doch immer wieder.
Daran hat Iro großen Verdienst. Er glaubt an Thierry, wie dieser an ihn glaubt. Irgendwann spüren beide: Je mehr sie sich unterstützen, desto besser wird ihre Zukunft. Doch sie haben noch eine weitere Gemeinsamkeit: Ihren jeweils jüngeren Brüdern wollen und müssen sie Vorbild sein.
Mit „Diese glühenden Sonnen“ hat der erst 23-jährige Ivorer Nincemon Fallé, der als Grafikdesigner in Abidjan lebt, einen durchaus bemerkenswerten Debütroman über das Erwachsenwerden geschrieben. Ins Deutsche übersetzte Literatur aus der frankophonen Elfenbeinküste findet sich kaum. Fallé, der 2024 mit dem Prix Voix d'Afriques zur Förderung junger afrikanischer Literatur auf Französisch ausgezeichnet wurde, gibt einen spannenden Einblick in den Alltag von Studierenden an einer staatlichen westafrikanischen Universität. Einige Erlebnisse dürften autobiografisch sein, hat er doch selbst dort studiert und nebenher gearbeitet, wenn auch nicht als kleiner Straßenverkäufer.
Etwas zu viel Glück
Einige Erzählstränge brechen jedoch etwas abrupt ab und hätten es vertragen, länger erzählt und mehr mit der Hauptgeschichte verwoben zu werden. Gleiches gilt für die eine oder andere zu plötzliche und positive Entwicklung, die recht konstruiert wirkt.
„Diese glühenden Sonnen“ bleibt allerdings ein Roman, der gerade einem jungen afrikanischen Lesepublikum Mut machen kann. Menschen haben eine Wahl, auch wenn die Umstände widrig sind. Gleichwohl bedient er nicht die gängigen Klischees des armen und Katastrophen gebeutelten Kontinents, sondern beschreibt den Alltag junger Menschen mit ihren Hoffnungen, Träumen und Ängsten gut.
Nincemon Fallé: „Diese glühenden Sonnen“. Verlag Gutkind (Berlin) 2025. ISBN 978-3-98941-100-5.

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