Dunkler Kirchturm hinter Ästen am Abend vom 29. Januar 2024. (Aufnahmeort unbekannt). Symbolbild Missbrauch, Untaten, Kirche
Hilfswerke: Enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit unabdingbar

Fachtagung nimmt sexualisierte Gewalt durch deutsche Priester im Ausland in den Blick

Frankfurt/Aachen/Essen ‐ Wie umgehen mit den tiefen Spuren sexualisierter Gewalt durch deutsche Priester im Ausland? Eine Fachtagung in Frankfurt hat Vertreter von Betroffenen, Bischofskonferenz, Diözesen, Orden, Verbände und Hilfswerken ins Gespräch gebracht.

Erstellt: 17.11.2025
Aktualisiert: 19.11.2025
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Wie kann die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt, die von deutschen Priestern im Ausland verübt wurde, wirksam vorangebracht werden? Mit dieser Leitfrage befasste sich eine Fachtagung in Frankfurt am Main, zu der Missio Aachen, die Bischöfliche Aktion Adveniat und das Kindermissionswerk ‚Die Sternsinger‘ eingeladen hatten. Wie aus einer gemeinsamen Mitteilung der Werke hervorgeht, kamen rund 60 Vertreterinnen und Vertreter von Betroffeneninitiativen, der Deutschen Bischofskonferenz, Diözesen, Orden sowie katholischen Verbänden erstmals in diesem Rahmen zusammen.

Ein zentrales Ergebnis des Treffens: Eine enge, vertrauensvolle und grenzüberschreitende Zusammenarbeit kirchlicher Institutionen ist für eine konsequente Aufarbeitung unverzichtbar – und die Perspektiven der Betroffenen müssen dabei klar im Mittelpunkt stehen. Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Kirche und Zivilgesellschaft unterstrichen diese gemeinsame Verantwortung.

Unterschiedliche Erfahrungen mit der Aufarbeitung

Die Rechtsanwältin und Mediatorin Dr. Bettina Janssen, die mehrere Gutachten zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt verfasst hat, würdigte die Initiative der drei Hilfswerke als „wichtigen Piloten“. Ihre Erfahrungen mit dem Bemühen kirchlicher Akteure um Aufarbeitung ergäben differenziertes Bild. Bei diesen treffe man teils auf proaktive Kooperationsbereitschaft, teils aber auch auf Zurückhaltung bis hin zur faktischen Verweigerung der Mitarbeit. Mit Blick auf die weltkirchliche Dimension des Themas brauche es insgesamt eine Stärkung der transparenten, interinstitutionellen wie auch transnationalen Zusammenarbeit, so Janssen.

Matthias Katsch, Geschäftsführer des Vereins Eckiger Tisch, warb besonders für eine bessere internationale Unterstützung unabhängiger Betroffeneninitiativen im Globalen Süden. Entscheidend sei, dass Betroffene selbst zu aktiven Akteuren werden könnten. Ein erstes Projekt mit diesem Ansatz fördert bereits Adveniat im Rahmen seiner Menschenrechtsarbeit in Ecuador. Katsch brachte zudem die Idee eines „globalen Opfergenesungswerks“ ein – einer Struktur, die Betroffenen sexueller Gewallt weltweit professionelle Unterstützung bieten könnte.

Bischof aus Sierra Leone: „Generationenübergreifende Traumata“

Der aus Sierra Leone stammende Bischof Bob John H. Koroma schilderte eindringlich die tiefen Folgen sexualisierter Gewalt durch ausländische Priester in afrikanischen Ländern. Die Übergriffe hätten „generationenübergreifende Traumata“ verursacht und Familien wie ganze Gemeinschaften zerstört. Er appellierte an die Kirche in Deutschland, die Betroffenen durch traumasensible Beratungsangebote und medizinische Hilfen zu unterstützen. Auch die Frage nach finanziellen Entschädigungen müsse gestellt werden, so der Bischof.

Zum Abschluss der Tagung zog Pfarrer Dirk Bingener, Präsident von Missio Aachen und des Kindermissionswerks, ein positives Fazit. Die Hilfswerke förderten bereits zahlreiche Präventions- und Interventionsprojekte ihrer weltkirchlichen Partner – von institutionellen Schutzkonzepten über die Schulung kirchlicher Mitarbeitender bis hin zum Aufbau von Traumazentren.

Die Tagung selbst habe viele neue Impulse geliefert, betonte Bingener: „Gewinnbringend war insbesondere, dass alle kirchlichen Akteure und Vertreter von Betroffenen miteinander ins Gespräch gekommen sind.“ Klar sei: Dies dürfe kein einmaliges Ereignis bleiben.

Informationen zum Thema sexualisierte Gewalt und Prävention in der kath. Kirche

An wen können sich Missbrauchsbetroffene in Deutschland wenden? Wo finde ich Informationen über Meldestellen, Verfahren und Ansprechpersonen? Die Themenseite Sexualisierte Gewalt und Prävention der Deutschen Bischofskonferenz bietet einen ersten Überblick.

weltkirche.de

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