Spanien zwischen Freiheit und Franco
Das schwierige Gedenken an das Ende der Diktatur vor 50 Jahren

Spanien zwischen Freiheit und Franco

Madrid  ‐ Niemand in Spanien kann die Erinnerung an den 20. November 1975 ignorieren: den Tod von General Franco, gleichbedeutend mit dem Ende der Diktatur. Nun steht der 50. Jahrestag an, ein unbequemes Jubiläum.

Erstellt: 20.11.2025
Aktualisiert: 10.11.2025
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Von Andreas Drouve (KNA)

Es waren düstere Kapitel, die das Regime des Diktators Francisco Franco über Jahrzehnte schrieb. Kapitel von Tod, Inhaftierungen, Folter, Verboten, Zensur. Der von 1936 bis 1939 andauernde Spanische Bürgerkrieg hatte Franco an die Macht gebracht, die Diktatur endete erst mit seinem Tod am 20. November 1975. Zum 50. Jahrestag von Francos Ableben macht Spaniens Linksregierung die Geschichte zum Lehrbeispiel für den Aufbruch in eine Epoche des Wandels und Fortschritts.

Dabei tritt die Person des einstigen Machthabers, dessen sterbliche Überreste 2019 von einem Mausoleum nordwestlich von Madrid in ein einfaches Friedhofsgrab umgebettet wurden, komplett in den Hintergrund. Stattdessen werden die Gedenkveranstaltungen unter dem Leitgedanken „50 Jahre Spanien in Freiheit“ laufen und bis 2026 hineinreichen, um jene Personen und Institutionen zu ehren, die „für die Demokratie gekämpft haben“, so Ángel Torres Pérez, Spaniens Minister für Demokratisches Gedächtnis.

Kurzer Rückblick: Nach der bleiernen Ära der Diktatur setzten sich in Spanien die jahrelangen Mühlen der Re-Demokratisierung in Gang, die 1977 die erste freie Parlamentswahl und 1978 die Verfassung hervorbrachten. Bei dem nun anstehenden Gedächtnis für ein halbes Jahrhundert in Freiheit tut sich allerdings eine Zwickmühle auf. Denn einer, der damals noch für seinen Einsatz im Sinne der Demokratie gefeiert wurde, ist mittlerweile zur unerwünschten Person geworden und in ein Luxusdomizil nach Abu Dhabi ausgewandert: Juan Carlos I., zwei Tage nach Francos Tod im Alter von 37 Jahren zum König von Spanien proklamiert.

Die legitime Nachfolge als Staatsoberhaupt hatte Franco selber 1969 geregelt. Juan Carlos stammte aus dem Haus der Bourbonen und war der Enkel des letzten Königs Alfons XIII., der 1931 nach Ausrufung der Zweiten Republik ins Exil ging. Nach einer Reihe von Skandalen um eheliche Untreue und eine Elefantenjagd in Afrika dankte Juan Carlos 2014 ab und machte den Weg frei für seinen Sohn Felipe, um weiteren Schaden vom Königshaus abzuwenden. Später kamen krumme Finanzgeschäfte ans Licht.

Jüngst erschien – zunächst in Frankreich und inhaltlich unterstützt von der Französin Laurence Debray – seine Autobiografie, in der der 87-Jährige die Verdienste für sein Land herausstellt. Für Anfang Dezember ist das Erscheinen des Buches in Spanien angekündigt, pünktlich zum Weihnachtsgeschäft und sicher nicht zufällig an „50 Jahre Spanien in Freiheit“ geknüpft.

Spaniens Regierung möchte dubiose Franco-Stiftung auflösen

Die Eigenlobhudeleien in der Autobiografie mögen Juan Carlos als Ersatz dafür dienen, dass man um ihn bei den kommenden Gedenkveranstaltungen den größtmöglichen Bogen macht. Wäre sein Leben ohne Fehltritte verlaufen, wäre der Altmonarch ein gefeierter Mann. Er war es, der 1981 mit einer entschlossen Ansprache im Fernsehen einen Putsch von Franco-treuen Militärs verhinderte.

Doch seine in der Biografie festgehaltenen Aussagen über Franco dürften vor allem aus Sicht der Opfer der Diktatur Kopfschütteln auslösen. „Ich respektierte ihn enorm, ich schätzte seinen Verstand und seinen politischen Sinn. Ich habe niemals erlaubt, dass jemand ihn in meiner Gegenwart kritisiert“, zitierte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ aus dem Buch.

Das Vermächtnis des Diktators in Spanien pflegt unterdessen die dubiose „Stiftung Francisco Franco“, die ihren Sitz in Madrid hat, über ihre Website zu Spenden aufruft und rechtslastige Bücher vertreibt. Geheim hält die Stiftung, wo sie ihr „Jubiläumstreffen“ zum 50. Todestag abhalten wird. Nach dem Willen der sozialistischen Regierung soll mit diesem Erbe der Vergangenheit so schnell wie möglich aufgeräumt werden: in Form der juristischen Auflösung der Stiftung, wie Ministerpräsident Pedro Sánchez unlängst unterstrich.

Bei gleicher Gelegenheit sagte Sánchez den letzten vorhandenen Franco-Symbolen den Kampf an, die „ohne Entschuldigungen und Verzögerungen“ aus dem öffentlichen Raum entfernt werden sollen. Dazu soll bis Ende November ein Katalog der Symbole publiziert werden. Der Geist des Diktators soll in Spanien endgültig gebannt werden.

Bis 2019 hatte der Leichnam Francos im damals sogenannten Valle de los Caídos gelegen und dort für jahrzehntelangen Streit gesorgt, dann ordnete die spanische Regierung die Umbettung an. Dabei stand für die Regierung auch eine von Franco in Auftrag gegebene Basilika sowie eine Benediktiner-Abtei zur Disposition, was die Gräben erneut vertiefte. Nach dem Wechsel an der Spitze der Abtei sowie einer Verständigung zwischen der spanischen Regierung und dem Vatikan wurde darauf aber verzichtet.

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